Außerhalb des Lebensflusses

Gesundheit und Krankheit sind zwei Seiten einer Medaille. Beim Projekt „24 Türen – Ein Kunstprojekt zur seelischen Gesundheit“ brachten Künstler der Offenbacher Tagesstätte von der Stiftung LEBENSRÄUME diese philosophische Lebensweisheit auf zwei Seiten eines Türschildes zum Ausdruck. Ideengeber und Veranstalter der Kunstaktion waren das Referat Seelsorge für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung des Bistums Limburg und die Frankfurter Werkgemeinschaft e.V. Das Interesse am Kunstprojekt im Frühjahr 2017 war überwältigend: 42 Türen wurden über die Sommermonate im Rhein-Main Gebiet gestaltet. Die Türen wurden kostenfrei zur freien Gestaltung zur Verfügung gestellt. Alles was umsetzbar ist, war Einzelpersonen oder Gruppen erlaubt. Mit der Aktion beteiligte sich erstmals auch eine Frankfurter Initiative bei der bundesweiten Woche der „Seelischen Gesundheit“ vom 9. bis 15. Oktober 2017 – mit begehbaren Skulpturen. Die Kunstobjekte wurden der Öffentlichkeit in Behörden, Einkaufscentern und überdachten öffentlichen Anlagen präsentiert.
Warum Türschilder in Originalgröße? „Türen haben eine große Symbolkraft. Wir bekommen durch sie neue Zugänge“, erwähnen die Veranstalter. 

„Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen“, dieser Spruch brachte die Offenbacher Künstler auf ihr Thema: „Der gesunde Mensch schwimmt mit dem Fluss – oder dagegen, der kranke steht im Wald und findet den Fluss nicht“, erzählt die Ulrike Kube, die als Ergotherapeutin das Projekt begleitete und fügt hinzu: „Es ist uns richtig schwer gefallen, ein Thema zu finden. Wir haben uns vom Sperrmüll eine Tür besorgt und ausprobiert, was funktionieren könnte und wie es auf den Betrachter wirkt.“ Das Experimentieren hat sich gelohnt. Schließlich wurde auf dem gelieferten Türblatt auf jeder Seite ein Thema künstlerisch umgesetzt. Auf der gesunden Seite ist eine harmonische, ja friedliche Landschaft zu sehen. Der Fluss nimmt einen großen Teil ein.

Bunte Häkel-Blumen blühen auf der Wiese. Alles scheint im Fluss zu sein. Scheint. Dies scheint jedoch nur so, den roten Figuren haben etwas Schwerfälliges. „Mit dem Strom schwimmen oder auch in Auflehnung dagegen – das fällt gesunden Menschen nicht sehr schwer“, erklärt Helma Schneider (Name geändert). Die Künstlerin fährt fort: „Mit einer psychischen Erkrankung bin ich aber wie aus der Welt gefallen, passe gar nicht so recht dazu – oder ich stehe im Wald und finde den Strom nicht.“ Auf der zweiten Türblattseite ist die rote Figur eine Gefangene.

„Als das Thema gefunden war, kamen die Teilnehmer vom eindimensionalen Malen schnell zum plastischen Gestalten“, berichtet Monika Warnke, die als Mitarbeiterin das Projekt begleitete. Der Werkstoffeinsatz war vielfältig, die Fertigungstechniken auf dem stehenden Türblatt anspruchsvoll. Naturmaterialien wurden bei einem Spaziergang im Wald gesammelt, Filz zu Nadelbäumen geschnitten, Teppich als Wiese und Waldboden geklebt, mit Wolle Blumen gehäkelt, aus Wollfäden entstanden üppige Laubbaumkronen.  Muscheln und Glasperlen treiben im Fluss, unzählige weiße Steinchen bilden das Flussufer. Figuren wurden aus Kaffeesatz und Mehl modelliert, flüssiger Gips in Spülhandschuhe gegossen und vor dem Eintrocknen als Hände an den Türklinken fixiert. Knapp zwei Monate wurde an dem Kunstwerk gearbeitet – jeden Dienstagvormittag. Die Werkstoffe haben festen Halt, das Türblatt ist in einem Rahmen mit Scharnieren eingehängt, anhand der Bodenplatte kann die Tür frei im Raum platziert werden. Der Betrachter kann die Tür mithilfe der modellierten Betonhänden öffnen, durch die Tür hindurchgehen, beide Türblattseiten betrachten. 

Das Kunstobjekt wurde bei der bundesweiten Aktionswoche der „Seelischen Gesundheit“ in der Klinik Hohe Mark in Oberursel präsentiert. Die Ausstellung läuft noch bis zum 10. November 2017. An diesem Tag findet eine Finissage in Frankfurt statt. Klicken Sie zu den Türen in der Klinik Hohe Mark hier.

Den Abschluss der Kunstaktion „24 Türen“ bildet ein digitaler Kunstkalender. Ab 1. Dezember 2017 wird auf der Internetseite www.24tueren.de jeden Tag eine Auswahl der Türen zu sehen sein und die Macherinnen und Macher dahinter vorgestellt.

Kontakt: Ulrike Kube und Monika Warnke, T 089 800 824-40, Kontaktformular