Gelungene Integration

Die gemeinnützige Integrationsgesellschaft ESSWERK kocht täglich 1.200 Mittagessen und erledigt Serviceleistungen für 40 Schulen und Kindereinrichtungen  – ein Gespräch mit Geschäftsführer Mike Gräf 

2006 starteten 4 Besucher der Lebensräume Tagesstätte in Obertshausen mit dem Verteilen des Mittagessens und Säubern des Geschirrs in einer Kita der Nachbargemeinde. Aus der Idee, außerhalb der Tagesstätte im „normalen Arbeitsleben“ stundenweise zu arbeiten, entwickelte sich die gemeinnützige Integrationsgesellschaft ESSWERK.

Herr Gräf, Sie hatten die Idee. Wie sieht nach 10 Jahren die Arbeit bei ESSWERK aus?
250 Menschen finden heute in der Firma Arbeit, darunter 50 in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. In zwei Schulküchen und in einer öffentlichen Betriebskantine werden 1.200 Essen für Stadt und Kreis Offenbach zubereitet und ausgeliefert – darunter auch für die Schillerschule, Rudolf-Koch-Schule und Leibnizschule. In der Albert-Schweitzer-Schule kümmern wir uns nur um die Abrechnung des Essens, an der Lauterborn-, Ludwig-Dern- und Anne-Frank-Schule geben wir zusätzlich auch Essen eines anderen Anbieters aus und reinigen das anfallende Geschirr. Zum Service gehören neben dem Verteilen des Essens und Spülen des Geschirrs ein Onlinebestellsystem und die Abrechnung mit Eltern, Caterern und Behörden. Auch werden Dienste wie der Betrieb von Kantinen, Schulkioske und Schulmediatheken übernommen.

Wie wird die Arbeit von der Kundschaft wahrgenommen?
Wir sind heute ein etablierter Anbieter mit einem umfassenden Service. Mittagstisch und Personalservice kommen sehr gut an und gehören in der Öffentlichkeit zur Normalität – wie das gemeinsame Arbeiten von Menschen mit und ohne Behinderung. Der soziale Aspekt spielt für Auftraggeber zwar eine Rolle, die Einschränkungen der Menschen sind aber ins Arbeitsumfeld integriert und haben für unsere Kunden keine vordergründige Bedeutung mehr. Wir müssen uns nicht mehr erklären. Das ist für mich Inklusion pur!

Die ersten Arbeitstage: Wie ist der Einstieg?
Wir erstellen keine Anamnese. Auch wird die Einschränkung nicht groß angesprochen. Sie ergibt sich bei der Arbeit. Das schafft Vertrauen und führt zu Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Menschen die gemeinsam arbeiten wollen, treffen sich in der Küche. Dort findet sich alles: Ich kann Gemüse schneiden, dem Koch anreichen, die Spüle übernehmen. So zeigt sich schnell, was geht und der eigene Erfolg wird spürbar, der Nutzen der Arbeit direkt erlebt. Das trägt zur Gesundung bei. Jeder bekommt seine Chance!

Wer findet bei ESSWERK Arbeit?
Bei uns arbeiten gesunde und chronisch erkrankte Menschen genauso wie Menschen, die nach einer Akuterkrankung aus der Klinik direkt vom ersten Arbeitsmarkt zu uns kommen. Wir fördern Menschen in den ersten Arbeitsmarkt oder entwickeln bei ESSWERK eine Beschäftigung, die Leistungsstand, Entwicklungsmöglichkeit und sozialrechtlichen Status miteinander verbindet.


Mike Gräf, Dipl. Pädagoge, seit 2000 bei LEBENSRÄUME, ab 2010 Geschäftsführer bei der ESSWERK Integrationsgesellschaft mbH

Wie wird die Arbeit von den Beschäftigten erlebt?
Die Arbeit strengt an, fordert physisch und psychisch. Ich nehme aber einen großen Zusammenhalt wahr, spüre auch, dass sie mit Freude bei der Arbeit sind, Zufriedenheit ausstrahlen. Die Menschen erfahren für ihre Arbeit Wertschätzung von außen, sie übernehmen Verantwortung. Auch beobachte ich, dass Krisen gemeinsam gemeistert werden, die Menschen sich untereinander stützen. Gesunde und Kranke. Wir haben innerbetrieblich den Prozess von Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung durchlaufen.

Zum Schluss: Was gibt es heute zu essen?
Für die Schulen Hamburger aus Rindfleisch mit knackigem Salat oder nur vegetarisch, als Nachtisch Obstquark. Für die Kitas Putenbrust mit Kartoffeln und gesüßtem Naturjoghurt oder Spaghetti (Bio-Nudeln) mit Tomatensoße und frischem Obst. 1.200 Teller!

Respekt - Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde in der Zeitschrift "Mut  & Liebe" 19/2016 abgedruckt. Es erschien erstmals in der Zeitschrift "Treffpunkte" 3/2015. Der vorliegende Text ist eine gekürzte und überarbeitete Fassung. Klicken Sie hier
Text und Bilder: www.allemunde.de

Kontakt: Mike Gräf, T 069 83009786-11, Kontaktformular