Tag der offenen Tür der Stiftung LEBENSRÄUME Offenbach am Main

Im Frühsommer diesen Jahres sind die letzten Bewohner*innen in ihr neues Zuhause im einhundert Jahre alten Stadthaus im Starkenburgring 41 gezogen. Anlässlich des Tags der offenen Tür der Stiftung LEBENSRÄUME Offenbach am Main haben sie ihre Türen für Besucher*innen geöffnet. Neben einer Vernissage mit rund 60 Kunstwerken der Bewohner*innen gab es Führungen durch das von petzold krämer architekten sanierte Gebäude sowie einen Chorauftritt des Projektchores Klanggarten. Für das leibliche Wohl der Gäste sorgte ESSwerk, eine Integrationsgesellschaft der Stiftung LEBENSRÄUME.

   

„Ich muss sagen – es ist wunderbar geworden!“ Mit diesen Worten eröffnete Oliver Quilling, Aufsichtsratsvorsitzender der Stiftung LEBENSRÄUME und Landrat im Kreis Offenbach, bei schönstem Sonnenschein den Tag der offenen Tür im Hinterhof des Wohnhauses für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung. „Corona hat uns daran gehindert, dass wir das Haus gemeinsam richtig einweihen konnten. Umso mehr freue ich mich, dass wir das heute zusammen tun können“, so Quilling weiter. An die Bewohner gerichtet, fügte er hinzu: „Sie sind es, die dem Haus die Seele geben. Ich hoffe, dass sie sich hier zuhause und gut aufgehoben fühlen!“

„Das Wohnhaus hier im Stabu ist ein toller Bau, aber es ist auch ein Symbol für das, was LEBENSRÄUME in Stadt und dem Landkreis Offenbach seit über 40 Jahren angestoßen und umgesetzt hat“, ergänzte Christoph Wutz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung LEBENSRÄUME. „Heute öffnen wir die Türen im wahrsten Sinne des Wortes: Wir öffnen sie nicht nur für diesen Neu- und Anbau, sondern auch die Bewohner*innen öffnen Ihnen die Türen zu ihrem neuen Zuhause.“  Wutz bedankte sich bei der Aktion Mensch, die mit ihren Spenden eine Verschönerung des Hinterhofes möglich gemacht hatte, sowie vor allem bei den Künstler*innen der Vernissage, deren Werke im gesamten Wohnhaus an diesem Nachmittag zu sehen waren.

Die insgesamt 60 Kunstwerke sind im Laufe der vergangenen zwei Jahre von sechs Bewohner*innen des Stadthauses erschaffen worden und widmen sich den Themen Freiheit und Individualismus. „Es gab bewusst keine Vorgaben im künstlerischen Prozess, denn unsere Künstler*innen haben genug Grenzen durch ihre Erkrankung zu akzeptieren, daher geht es hier darum, sich in der Kunst in einem wertfeien Raum zu bewegen.“, erläuterte Christiane Wirtz, Fachkoordinatorin Region Stadt Offenbach bei LEBENSRÄUME, die Hintergründe des Kunstprojektes.

  

In ihren Werken zeigten die Künstler*innen einen Weg auf, mit ihnen in  Kontakt zu treten und eine Ahnung von ihren inneren Welten und Talenten zu bekommen, ohne sich der verbalen Sprache betätigen zu müssen, so Wirtz weiter. „Es gibt schließlich viele Arten der Sprache und die geläufigste Form muss nicht immer die einzig adäquate sein. Neurodiversitäten sind nicht zwangsläufig krankheitswertig, sondern gerade in der Kunst sehr bereichernd – siehe Dali und Van Gogh.“

 

Aus Wirtz´s Sicht bedeuten die Kunstwerke für die Bewohner*innen Freiheit und Menschlichkeit. „Sie sind alle schwer von Krankheiten betroffen, daher ist alleine die Tatsache, dass sie einen Pinsel in die Hand nehmen und sich ihren Gefühlen stellen, preiswürdig.“ Im Schaffensprozess legten Wirtz und ihre Kolleginnen Manuela Schilling und Stefanie Heerling-Weber deshalb großen Wert darauf, dass die Klient*innen keine Themen aussparen mussten, sondern dass jedes Gefühl sein durfte. „Das Talent bringen die Künstler*innen mit, den Mut, ihre Kunst zu zeigen, habe sie sich angeeignet und es ist die Aufgabe der Umgebung, mit diesem Mut wertschätzend und liebevoll umzugehen.“, so Wirtz.

Ganz nach den Worten von Jalaluddin Rumi, einem persischen Sufi-Mystiker und einem der bedeutendsten persichsprachigen Dichtern des Mittelalters:

„Life’s water flows from darkness.
Search the darkness don’t run from it.
Night travelers are full of light,
and you are, too!“

(Dt. Übersetzung:
„Das Wasser des Lebens fließt aus der Dunkelheit,
suche die Dunkelheit, laufe nicht weg,
Reisende der Nacht sind voller Licht,
und du bist es auch!“)

 

Um auch der Dunkelheit einen Raum zu geben, hat die Künstlerin Manuela Schilling für die Bewohner*innen einen Ort der Trauer in Form eines Kunstortes erschaffen. „Würde die Gesellschaft psychische Erkrankungen so behandeln wie Rumi die Dunkelheit, wäre vermutlich vielen Menschen geholfen.“, davon ist Wirtz überzeugt. Die Kunst ermögliche ihnen, aus der Dunkelheit heraus ihr Licht zu zeigen. Wirtz: „Ich glaube, das ist die Bedeutung der Vernissage für die Bewohner*innen!“

Neben der Vernissage stand auch ein Auftritt des Projektchors Klanggarten unter Leitung von Martin Meding auf dem Programm des Hoffestes. Das Besondere daran: Die Sänger*innen sangen alle Lieder a-capella, sprich ohne instrumentale Begleitung. Zum Repertoire gehörten neben einem Kanon auch das berühmte deutsche Volkslied „Die Gedanken sind frei“  sowie irische Segenswünsche.