ESSWERK: Tolle und schöne Begegnungen trotz Krise

Leckeres und gesundes Essen in Schulen, Kitas und öffentliche Kantinen – teilweise
produziert, geliefert und ausgeteilt von Menschen mit psychischen Erkrankungen und
Behinderungen – dafür steht die gemeinnützige Integrationsgesellschaft ESSWERK. Doch was tun, wenn keine Schulverpflegung mehr benötigt wird, weil wegen des Corona Lockdowns die meisten Einrichtungen geschlossen haben? Wie die Menschen weiterhin beschäftigen, den Betrieb am Laufen halten? Mit Einfallsreichtum, innovativen Angeboten und viel Mitgefühl reagiert ESSWERK auf die Herausforderungen.

Oberstes Ziel: Beschäftigung aufrecht erhalten
„Unsere größte Herausforderung liegt darin, die Beschäftigung auch in diesen Zeiten aufrecht zu erhalten!“ sagt Mike Gräf, Geschäftsführer der gemeinnützigen Integrationsgesellschaft ESSWERK. Glücklicherweise habe ESSWERK seine insgesamt 42 Einrichtungen nie alle komplett schließen müssen, auch wenn der Produktionsbereich und die Schulverpflegung auf 35 bis 40 Prozent hätten heruntergefahren werden müssen.

Mit kreativen Ideen den Lockdown überstehen
Den ersten Lockdown hat das Unternehmen ganz gut weggesteckt: Bereits im März 2020 hat Gräf die meisten seiner insgesamt 250 Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit geschickt, sich intensiv – neben dem Alltagsgeschäft – mit diversen Antragsverfahren und Förderungsmöglichkeiten beschäftigt und mit seinem Team daran getüftelt, neue und innovative Angebote zu kreieren. „Wie kann das, was da ist, neu und anders organisiert werden? Was ist wirtschaftlich vertretbar? Wie kann Beschäftigung in diesen Zeiten ermöglicht und der Isolation vorgebeugt werden?“ Gefördert von der AKTION MENSCH haben Gräf und sein Team beispielsweise gleich zu Beginn des Lockdowns eine akute Corona-Hilfe auf die Beine gestellt. Diese beinhaltet neben Essenslieferungen auch Einkaufsdienste und Assistenztätigkeiten im Alltag. 

„Wie kann Beschäftigung in Zeiten von Corona ermöglicht werden? Wie kann der Isolation vorgebeugt und der Betrieb weiterhin am Laufenden gehalten werden?“ Mit Einfallsreichtum, innovativen Ageboten und viel Mitgefühl hat Mike Gräf, Geschäftsführer der gemeinnützigen Integrationsgesellschaft ESSWERK, auf die Herausforderungen der Pandemie regiert.

Warme Mahlzeiten in Zeiten von Corona
Konkret bedeutet das: Wer etwa wegen Krankheit oder Quarantäne zuhause festsitzt, kann von ESSWERK je nach Bedarf mit Mahlzeiten versorgt und beliefert werden. Auch Einkaufsdienste nach Einkaufszettel oder größere Besorgungen per Transporter bietet das Unternehmen im Rahmen seiner Akuten Corona-Hilfe an. Von den Menschen in und um Offenbach wird das Angebot gerne genutzt. Insbesondere die Essenslieferungen, bei denen täglich zwischen einem vegetarischen und einem fleischhaltigen warmen Gericht gewählt werden kann, würden nachgefragt. „Wir haben beispielsweise eine  ältere Dame, die wir täglich beliefern.“, berichtet Gräf. Die Kosten pro Mahlzeit liegen bei rund sechs Euro.

Kaum Corona-Fälle innerhalb der Belegschaft

Auch die von ESSWERK ergriffenen Corona-Maßnahmen wie Plexiglasscheiben in den VW-Bussen, die Entzerrung von Produktions- und Arbeitsabläufen oder die stetige Optimierung der Hygienekonzepte haben bisher gut gegriffen „Bis heute haben wir glücklicherweise keine Corona-Fälle innerhalb der Belegschaft!“, so Gräf. Erstaunt sei er auch darüber, wie gut die Situation von allen Beteiligten getragen würde. „In Zeiten wie diesen ist es wichtig, dass wir für unsere Belegschaft und unsere Kunden ansprechbar sind, dass sie jederzeit den Kontakt zu uns suchen oder die Zentrale aufsuchen können, wenn die Einsamkeit zu groß wird.“

Die Einsamkeit der Kontaktbeschränkungen ist sehr belastend
Das sei auch rege genutzt worden, berichtet Hans Stumpf, zuständig für die Annahme von Bestellungen, Reklamationen und Verwaltungsarbeiten bei ESSWERK. „In Bezug auf Kunden und Eltern, mit denen ich im Rahmen der Dienstleistung Schulessen zu tun habe, ist die Unsicherheit darüber, wie es mit dem Schulleben weitergeht, das größte Thema. Auch kommt immer wieder durch, dass sich die Eltern Sorgen um die Finanzierung des Mittagessens machen“, so Stumpf. Ansonsten sei die Einsamkeit der Kontaktbeschränkungen für viele sehr belastend. Stumpf: „Nicht jeder kommt klar damit! 

Schwanken zwischen Hoffnung und Ernüchterung
Wer zu viel alleine ist, bekommt Schwierigkeiten, die Motivation für seinen
Alltag aufrecht zu halten.“ Der Besuch der Tagesstätte und die Gespräche mit den Mitarbeiter*innen seien da für manch eine*n schon so etwas wie ein Anker. Mit dem zweiten Lockdown im November 2020, als alles wieder von vorne losging, da haben Gräf und sein Team gespürt, wie zermürbend die gesamte Situation doch ist. „Das ist schon hart! Vor allem, nachdem der erste Lockdown überstanden war und es wieder aufwärts zu gehen schien. Man schwankt zwischen bedingter Hoffnung und Ernüchterung!“, resümiert der Diplompädagoge. Aber immerhin: Zumindest eine Produktionsküche und einige Ausgabeküchen hätten während des zweiten Lockdowns durchgehend geöffnet, rund die Hälfte aller Arbeitsplätze seien so füllbar.

Eine große Hilfsbereitschaft ist spürbar
Trotz allem ist Gräf zuversichtlich und kann der Krise sogar etwas Positives abgewinnen: „Ich spüre sehr viel Solidarit zwischen den Menschen. Man ist grundsätzlich offener, weil jeder das Gefühl hat, im selben Boot zu sitzen. Das ermöglicht viele tolle und schöne
Begegnungen!“, so das Fazit des ESSWERK-Geschäftsführers. Dem pflichtet auch Hans Stumpf bei: „Ich finde positiv, dass viele von uns erfahren, wie es sich anfühlt, direkt helfen zu können. Corona ist dicht an uns dran – Menschen, die Hilfe brauchen, sind in direkter Nähe und nicht irgendwo im Fernseher weit weg. Diese Hilfsbereitschaft sollten wir alle auch so mitnehmen in die Zukunft!“

Bloß nicht Unterkriegen lassen
Man sieht – unterkriegen lassen sich Gräf und sein Team bei ESSWERK ganz bestimmt nicht, im Gegenteil. Die Vorbereitungen für den Restart laufen bereits auf Hochtouren. Das Motto: „Gemeinsam können wir auf alles reagieren, was auf uns einstürmt!‘“, so der 51-Jährige. Und auch für die Zukunft hat Gräf bereits Pläne: Die Anerkennung als ‚anderer Leistungsanbieter‘* mit dem Ziel der Teilhabe am Arbeitsleben steht kurz bevor. Dazu wird aktuell auch ein Trainingszentrum ausgebaut, in dem angehende Küchenmitarbeiter* innen ausgebildet werden können. Auch ein Symposium zum Thema „gelingende Schulverpflegung“ mit einem prominenten Koch als Gast ist geplant. „Gerade der Spagat zwischen Kosten, Gesundheit, verschiedenen Kulturen, Räumlichkeiten etc. macht einen Austausch aller Beteiligten sinnvoll!“, so Gräf.

Die Inhalte entstammen dem Artikel "ESSWERK: Tolle und schöne Begegnungen trotz Krise", erschienen in Mut&Liebe, Ausgabe 38, März/April/Mai 2021