Klanggarten - Offenbacher Projektchor

Im Herbst 2011 startete in Offenbach das erste Chorprojekt, nach acht Proben folgte ein Auftritt bei der Weihnachtsfeier in der Klinik für Psychotherapie und Psychiatrie. Das Interesse übertraf alle Erwartungen: Chorleiter Martin Meding, Klinikpsychologe und Pianist, konnte 34 Menschen mit psychischen Erkrankungen, Mitarbeiter und Freunde gewinnen. Mehr als 100 Menschen haben bis heute an den Projekten  teilgenommen. Seit Frühjahr 2013 tritt die Gruppe unter dem Namen „KLANGGARTEN Offenbacher Projektchor“ mit einem bunten Liederrepertoire a capella oder mit Klavierbegleitung in die Öffentlichkeit. Rund 20 Sängerinnen und Sänger finden sich zu den Chorproben ein. Die Stiftung Lebensräume rief das „inklusive“ Singprojekt mit Martin Meding ins Leben, sie übernimmt bis heute die Kosten für den Chorleiter, das Sana Klinikum stellt die Psychiatrie Lounge für die Chorproben und Konzerte zur Verfügung. Auftritte gab u.a. es beim Frühlingsgesangsfest im Hunsrück, bei den Sommerfesten im Lebensräume Waldgarten in Langen und in der Psychiatrischen Klinik des Sana Klinikums, im Seniorenheim Nordring. 2013  fand ein gemeinsames Chorwochenende auf der Ebernburg in Bad-Münster am Stein statt.


Am 5. November 2014 hatte der Projektchor zum „Kleinen Herbstkonzert mit Offenem Singen“ in der Psychiatrie-Lounge mit Chorgesang, Gedichten und Instrumentalmusik eingeladen. Mitglieder des Chores  schmückten für die 50 Gäste Tische, kochten Tee und Kaffee, boten zu Äpfel und Birnen selbstgebackene Muffins. Darunter Katharina Koch, die auch seit 15 Jahren als Laienhelferin  aktiv ist: „Ich freue mich jeden Mittwochabend auf die Chorproben“. Auch heute steht sie mit 17 Chorsängern, darunter fünf Männer, auf der Bühne. Das „17 Uhr-Konzert“ beginnt schwungvoll mit dem Kanon „Make Love Not War“, dem Hippie Slogan der Antivietnamkriegsbewegung. Den von Psychiatrieerfahrenen vorgetragenen Herbstgedicht „Apfel-Kantate“ von Hermann Claudius´  und Erich Frieds Liebesgedicht „Was es ist“ folgen Klavierstücke von Martin Meding und ein Geigensolo von der  Oberärztin Dr. Sabine Utsch. Fröhlich wie die Spatzen am Dachfirst wurden gemeinsam die Lieder „Bunt sind schon die Wälder“ und „Hejo, spann den Wagen an“ daher gesungen. Boris Haase, Komponist und Texter, ließ  seine „Hymne der Relil“, die Religion der Liebe,  uraufführen. Der Digitalpianist und berufstätige Datenverarbeitungskaufmann lernte während eines Klinikaufenthalts über einen Aushang den Chor kennen. „Ich singe gerne, der Chor gibt mir Geborgenheit“. Er war das erste Mal dabei, seit Oktober 2014 nimmt er Klavierunterricht.
 


„Es ist toll zu sehen, welche Fähigkeiten die Menschen mitbringen und wie sie sich immer wieder neu mit Liedideen und Gedichten einbringen“, erzählt Chorleiter Martin Meding. Psychiatriebetroffene Manuela B. (Name geändert) hatte lange Angst vor dem Projektchor, dachte, den Anforderungen nicht genügen zu können. Als ein Flyer mit dem Satz „Jeder Mensch, der singen möchte, ist herzlich eingeladen“ in ihre Hände gelangt, fällt spontan die Entscheidung. „Ich bin wahnsinnig gerne dabei“. Clarissa Bahr, seit der ersten Stunde im Chor und Ergotherapeutin in der Klinik, beeindruckt vor allem die Freude, die die Menschen am Singen haben. „Ich singe selbst gerne und finde es schön, dass ich in der Gruppe nicht als Therapeutin wahrgenommen werde.“ Und Waltraut Hoferichter, Leiterin des Lebensräume Wohnhauses in Offenbach trägt „liebend gerne“ klassische Gedichte vor. War es zuletzt Theodor Fontanes „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“, so sollte es diesmal Johann Wolfgang von Goethes „Der Sänger“ sein.

Dieser Artikel wurde in der Zeitschrift "Treffpunkte", Ausgabe 1/2015, abgedruckt. Text: www.allemunde.de

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